elektrolok xyania
Anzeige

Datum: 18.05.2021 Uhrzeit: 09:09

Die Niedtalbahn: Wie sieht die Zukunft der grenzüberschreitenden Verbindung aus?


628 594, 493 und 487 mit einem Sonderzug in Bouzonville (03.04.2015).

Ligne 176.000 Bouzonville - Guerstling Grenze / Bahnstrecke 3212 Guerstling Grenze – Dillingen Saar
Im Juli 2021 hat die Niedtalbahn Jubiläum, dann besteht die 20 Kilometer lange Strecke seit 120 Jahren.
Am 01.07.1901 ging die Strecke Busendorf (Bouzonville) – Dillingen ans Netz.
Ob im Jahr 2021 groß gefeiert wird, da bleibt ein Fragezeichen, auch wegen Corona.
Die Niedtalbahn wurde von den Reichseisenbahnen Elsaß-Lothringen als zweigleisige Hauptbahn von Busendorf (Bouzonville) nach Dillingen an der Saar gebaut und verläuft bis Siersburg im Tal des Flüsschens Nied und überquert dann zwischen Rehlingen und Dillingen die Saar.
Von Busendorf (Bouzonville) aus konnte man per Bahn in Richtung Kreuzwald / Beningen (Béning) oder nach Diedenhofen (Thionville) fahren. In Anslingen (Anzeling) zweigte ab 1908 eine Verbindung von der Bahnstrecke Busendorf – Diedenhofen (Thionville) ab und so konnte auch direkt nach Metz gefahren werden, was später für die Truppentransporte im 1. Weltkrieg von großer Bedeutung war.
Die Personenzugverbindungen aus dem Saargebiet liefen meist auf den Relationen Völklingen – Überherrn – Hargarten (Bisttalbahn) – Busendorf (Bouzonville) – Diedenhofen (Thionville) und Dillingen – Busendorf (Niedtalbahn) – Anslingen – Metz, sodass die Reisenden aus Dillingen und dem Niedtal die nach Diedenhofen wollten, in Busendorf umsteigen mussten.
Vom Endpunkt der Niedtalbahn in Dillingen erreicht man durch das Saartal in Richtung Saarbrücken oder Richtung Moseltal und Trier, auch eine Verbindung durch das Primstal in den Hochwald und Hunsrück war möglich.
Die Niedtalbahn war (ist) eine wichtige Verbindung für den Güterverkehr und war in den beiden Weltkriegen wichtig für Truppentransporte.
Bis zum Ende des 2. Weltkrieges gab es auch (grenzüberschreitenden) Personenverkehr, teilweise durchgehend bis Metz.
Nach dem 2. Weltkrieg wurde der grenzüberschreitende Personenverkehr eingestellt und das zweite Gleis wurde zurückgebaut.
Der Personenverkehr beschränkt sich seitdem auf die Relation Dillingen Saar – Niedtaltdorf (Hp Niedaltdorf seit 1935).

Heute verkehrt dort die RB 77 täglich im Stundentakt.

Seit 1998 fanden jährlich am Karfreitag Sonderfahrten zwischen Dillingen – und Bouzonville statt, Anlass ist der große Jahrmarkt am Karfreitag in Bouzonville.
Zwischen 4 und 6 Zugpaare pendeln an diesem Tag über die Deutsch-Französische Grenze, leider wurde diese Tradition im Jahr 2020 durch Corona unterbrochen und die Fahrten im Jahr 2021 fallen ebenfalls Corona zum Opfer.
2019 wurden wegen des starken Andrangs von Reisenden sechs Zugpaare von Dillingen nach Bouzonville und zurück eingesetzt, über 1.200 Fahrgäste wurden an diesem Karfreitag gezählt.
Der Güterzugverkehr auf der Niedtalbahn war in den 1960er bis 1980er Jahren vom Montanverkehr geprägt.
Flüssigeisen, Erze, Kohle und Stahlprodukte wurden grenzüberschreitend über die Niedtalbahn transportiert und die Bahnstrecke stieß wegen der eingleisigen Betriebsführung oft an ihre Kapazitätsgrenzen, im einzigen Kreuzungsbahnhof Hemmersdorf herrschte oft Hochbetrieb.


Karfreitagssonderzug Dillingen-Bouzonville in Siersburg, 14.04.2017



Zum Fahrplanwechsel 2013/2014 wurde der Güterverkehr auf der Strecke eingestellt und der Streckenabschnitt Niedaltdorf – Grenze Guerstling – Bouzonville war ohne Verkehr, mit Ausnahme am Karfreitag und dem DB Unkrautvernichtungszug, der einmal im Jahr bis zur Grenze fährt.
Nach dem 2. Weltkrieg wurden im Personenverkehr Dampflokomotiven der BR 78 und der BR 50 eingesetzt, später folgten Schienenbusse und Dieselloks der BR 212 (V100).

Im Jahr 1998 kamen die Triebwagen der BR 628 ins Niedtal und waren bis 2019 im Plandienst, als Ersatz sind sie auch heute noch hin und wieder im Einsatz, weil die „neuen“ Triebwagen der BR 642 sehr störanfällig sind und so sieht man manchmal wieder 628er auf der Niedtalbahn, die erst bis zum Jahr 2027 barrierefreie Bahnsteige erhalten soll.
Der Personenverkehr Dillingen – Niedaltdorf ist über das Jahr 2027 hinaus gesichert, die Strecke war mit in der Ausschreibung des Netzes (Dieselnetz) Südwestpfalz.
Im Güterzugsdienst waren überwiegend die Dampfloks der BR 50 bis in die 1970er Jahre auf der Niedtalbahn anzutreffen, nach dem Dampfende übernahmen die Dieselloks der Baureihe 290 (V90) die Güterzüge zwischen Dillingen und Bouzonville.
Nach der Umstrukturierung der saarländischen und lothringischen Stahlindustrie in den 1980er und 1990er Jahren kam der Transport von Erzen, Kohle und Flüssigeisen zum Erliegen.
Nach der Jahrtausendwende gab es noch spärlichen grenzüberschreitenden Güterverkehr, überwiegend wurde die Strecke von der Dillinger Hütte zum Transport von Brammen nach Dünkirchen genutzt.
SNCF Loks der Baureihe 61000 (MaK G1206) zogen die Züge in Doppeltraktion, später folgten Loks (G1206) der Tochterunternehmen Akiem und VFLI, ebenfalls in Doppeltraktion.
Kurz vor Einstellung des Güterverkehrs über die Niedtalbahn wurden noch Großdieselloks der Reihe Class 66 eingesetzt, diese erwiesen sich aber als sehr störanfällig.
Heute verkehren die Brammenzüge und teilweise die Kalkzüge mit E-Loks (SNCF 37000/Alstom Prima) über die Saarstrecke und Forbacher Bahn, allerdings mit 60 Kilometern Umweg.
Ein Europorte Kalkzug kommt aus Dugny bei Verdun mit Dieseldoppeltraktion (Vossloh DE 18/Euro 4000), auch dieser Zug muss einen Umweg von 60 Kilometer fahren, weil der Fahrweg ins Niedtal nicht gestellt werden kann, die SNCF hat seit 2015 in Bouzonville den Fahrdienstleiter abgezogen.
Die Streckenhöchstgeschwindigkeit in Deutschland beträgt 80 km/h und auf dem französischen Abschnitt 50 km/h.

Zukunft und Perspektive der Niedtalbahn

Seit 1998 gibt es Bestrebungen den grenzüberschreitenden Personenverkehr auf der Niedtalbahn über Bouzonville hinaus nach Thionville und Luxemburg einzuführen.
Auch gibt es seit kurzer Zeit wieder deutliche Zeichen, den grenzüberschreitenden Güterverkehr aufzunehmen, Europorte hat für den Kalkzug Dugny – Dillingen/Völklingen Trassen auf der Niedtalbahn bestellt, leider bis heute ohne Erfolg.


628 466 und ein weiterer 628er als Sonderzug nach Bouzonville auf dem Viadukt Niedaltdorf, 30.03.2018



In Deutschland gibt es Hindernisse, weil DB Netz den Streckenteil Niedaltdorf – Grenze Guerstling loswerden und stilllegen wollte und sich diese 933 Meter schlecht rechnet, auch mit dem Argument, die Talbrücke Niedaltdorf müsse in Zukunft saniert werden, die Sanierung muss aber eigentlich erst in ca. 15 Jahren erfolgen.
Die Niedtalbahn ist aktuell technisch in Ordnung und befahrbar, dies zeigten zwei Testfahrten von Europorte im Jahr 2019 und 2020 und natürlich die Karfreitagssonderzüge im Jahr 2019. (Dann ist Bouzonville mit einem Fahrdienstleiter besetzt)
Es wurden erfolgreiche Testfahrten mit Doppel Vossloh DE 18 und mit einer Vossloh Euro 4000 zwischen Dillingen und Bouzonville durchgeführt.

In Frankreich besteht das Problem, dass sich die SNCF (aus Kostengründen) weigert auf Dauer in Bouzonville einen Fahrdienstleiter einzusetzen oder vom Verkehrsunternehmen, welches die Strecke befahren möchte, den Fahrdienstleiter mit über 50.000 € im Jahr in Rechnung stellt.
Die Bürgermeister entlang der Strecke (auch bis Thionville) und das Département Moselle setzen sich verstärkt für die Wiederaufnahme des grenzüberschreitenden Güter- und Personenverkehrs ein, auch Mitglieder des saarländischen Landtages sind für eine Wiederbelebung der Strecke, ebenso die Firma BahnLog.


FRETchen mit Brammenzug in Gürstling (01.10.2010)



Auch viele Verbände wie das Klimaschutzbündnis Saar, der VCD Landesverband Saarland, der Luxemburger Fahrgastbeirat oder die Plattform Mobilität Saar-Lor-Lux fordern die Wiederaufnahme des grenzüberschreitenden Verkehrs.
Leider erweisen sich bis heute die SNCF, DB Netz, das saarländische Verkehrsministerium und die Region Grand Est als Hemmschuhe in Bezug auf die Wiederbelebung eines grenzüberschreitenden Bahnverkehrs auf der Niedtalbahn.
Die Hauptverwaltung von Grand Est in Straßburg ist viel zu weit weg von der Region Lothringer Becken und Moselle entfernt und setzt die Prioritäten mehr in Richtung Elsaß/Oberrheintal und dem Moseltal zwischen Nancy und Metz.
Das saarländische Ministerium für Verkehr sieht sich für den Güterverkehr nicht zuständig und denkt eher an eine Personenzugverbindung nach Luxemburg über die Saarstrecke über Konz und Wasserbillig nach.
Um den Personen- und Güterverkehr auf der Niedtalbahn zu beleben braucht es eine europäische Lösung, die EU fördert mit INTERREG Mitteln Lückenschlüsse im grenzüberschreitenden Bahnnetz.
Das Programm „MISSING LINKS“ kann die Lösung sein, die Niedtalbahn wieder zu einer europäischen Verkehrsachse erstarken zu lassen, damit man den nächsten 120 Jahren gelassen entgegensehen kann.
In Bezug auf Europa gibt es beim Bahnverkehr immer noch die meisten grenzüberschreitenden Hindernisse (Fahrspannung, Sicherungstechnik, individuelle Vorschriften, Sprachkenntnisse des Personals), der Bahnverkehr ist gegenüber dem Straßen-, Luft- und Schiffsverkehr benachteiligt.
Die Hemmschuhe für den grenzüberschreitenden Bahnverkehr müssen dringend beseitigt werden, nur dann kann der Schienenverkehr in Europa seine wichtige Aufgabe im Bereich der Mobilitätswende und des Klimaschutzes erfüllen.
Leider hat auch der letzte Entwurf des VEP (Verkehrsentwicklungsplan) ÖPNV Saarland (02-2021) die Erwartungen in Bezug auf den grenzüberschreitenden Personenverkehr nicht erfüllt.

Das saarländische Verkehrsministerium kündigte an, die Problematik Niedtalbahn aus dem VEP auszugliedern und sich außerhalb des VEP der Thematik anzunähern.

Konkrete Ziele, Vorstellungen oder Zeitachsen wurden aber vom Verkehrsministerium nicht verkündet.

So bleibt die Zukunft des grenzüberschreitenden Verkehrs über die Niedtalbahn nach Frankreich und weiter nach Luxemburg immer noch ungewiss.


RE Saarbrücken-Luxemburg 1. Variante


RE Saarbrücken-Luxemburg 2. Variante


RE Saarbrücken-Luxemburg 3. Variante




Quelle:/Fotos: Erhard Pitzius, Plattform Mobilität SaarLorLux e.V.