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Datum: 04.11.2020 Uhrzeit: 10:45

BW: Landes-Offensive zur Reaktivierung stillgelegter Bahnstrecken


Minister Hermann: Wir reaktivieren Schienenstrecken und binden ländliche Regionen besser an die Schiene an - landesweite Potenzialanalyse und neue Fördermöglichkeiten vorgestellt

„Viele stillgelegte Bahnstrecken in Baden-Württemberg haben ein großes Fahrgastpo-tenzial. Das ist die Hauptbotschaft einer neuen Untersuchung“, sagte Verkehrsminis-ter Winfried Hermann bei der Vorstellung einer vergleichenden landesweiten Potenzi-aluntersuchung am Dienstag (03. November). Dazu wurden verschiedene kommu-nale und regionale Akteure sowie teilnehmende Verkehrsverbünde und Eisenbahnun-ter-nehmen zu einer Online-Veranstaltung eingeladen. Die Untersuchung zeigt, wel-che Bahnstrecken bzw. -korridore von einer Reaktivierung am meisten profitieren könnten. Zudem wurden mit neuen attraktiven Fördermöglichkeiten die Eckpunkte des Reaktivierungskonzepts des Landes vorgestellt.

„In vielen der stillgelegten Bahnstrecken steckt ein beträchtliches Potenzial. Das wol-len wir heben“, sagte Minister Hermann und fügte hinzu: „Lassen Sie uns gemeinsam eine neue Reaktivierungsoffensive starten und dafür sorgen, dass viele Städte und Gemeinden wieder an die Schiene angebunden werden – in den Verdichtungsräumen aber auch im ländlichen Raum.“ Viele Strecken tragen auch zur Stärkung einer Re-gion und der Wirtschaft gerade in ländlich geprägten Räumen bei. Die Reaktivie-rungs-offensive ist ein wichtiger Beitrag zur Verkehrswende und zum Klimaschutz.

Großes Fahrgastpotenzial auf vielen Strecken

Insgesamt 42 stillgelegte Strecken im Land wurden durch das vergleichende Gutach-ten auf ihr Fahrgastpotenzial untersucht. Auf Grundlage des zu erwartenden Fahr-gastaufkommens wurden die Strecken in vier Kategorien eingeteilt (siehe Anlage). Ein sehr hohes Nachfragepotenzial von mehr als 1.500 Fahrgästen pro Schultag ist auf zwölf der untersuchten Strecken bzw. Schienenkorridoren zu erwarten, darunter die Echaztalbahn zwischen Reutlingen und Engstingen, die Bottwartalbahn zwischen Marbach (Neckar) und Heilbronn, die Markgröninger Bahn zwischen Ludwigsburg und Markgröningen und die Strecke Göppingen – Bad Boll – Kirchheim/Teck.

Ein hohes Fahrgastaufkommen von 750 bis 1.500 Fahrgästen pro Schultag wird auf insgesamt zehn Strecken erwartet, darunter die Strecke Balingen – Rottweil, die Wehratalbahn zwischen Schopfheim und Bad Säckingen, die Kochertalbahn zwi-schen Waldenburg und Künzelsau, die Zabergäubahn zwischen Lauffen (Neckar) und Zaberfeld und die Ablachtalbahn zwischen Mengen und Stockach. Bei weiteren zehn Strecken ist ein mittleres Fahrgastaufkommen von 500 bis 750 Fahrgästen je Schul-tag zu erwarten, darunter die Krebsbachtalbahn zwischen Neckarbischofsheim und Hüffenhardt sowie die Kandertalbahn in Südbaden zwischen Haltingen und Kandern. Durch vertiefte Untersuchungen ist hier zu klären, ob ein höheres Nachfragepotenzial möglich ist. Dies kann im Rahmen einer Machbarkeitsstudie belegt werden.

Für zehn Bahnstrecken mit weniger als 500 Fahrgästen je Schultag kommt das Gut-achten zu dem Schluss, dass für ein tägliches Angebot im Stundentakt nach den vor-liegenden Kenntnissen nicht genügend Fahrgäste erwartet werden. Hier kann im Ein-zelfall geprüft werden, ob die Strecken für ein verringertes Angebot, zum Beispiel für den Freizeit- und Museumsbahnverkehr geeignet sind.

Förderung für Reaktivierungsvorhaben und Übernahme der Betriebskosten

Minister Hermann betonte, dass die Rahmenbedingungen für neue Reaktivierungs-vorhaben so günstig sind wie noch nie und er ermutigte die im Livestream versam-melten kommunalen und regionalen Vertreterinnen und Vertreter, jetzt zügig konkrete Planungen voranzutreiben: „Der Bund fördert die Baukosten für Reaktivierungsvorha-ben neuerdings mit bis zu 90 Prozent. Das Land beteiligt sich zudem an den verblei-benden Kosten, so dass im Ergebnis Streckenreaktivierungen mit bis zu 96 Prozent der Baukosten gefördert werden können.“ Doch damit nicht genug: „Damit die Vorha-ben möglichst schnell durch die kommunalen Akteure geplant werden, wird das Land noch von diesem Jahr an bis Ende 2023 Machbarkeitsstudien zu Reaktivierungsvor-haben mit 75 Prozent fördern. Wichtig ist, dass die Akteure vor Ort sich möglichst frühzeitig auf ein gemeinsames Vorgehen abstimmen und die Streckenreaktivierun-gen vorantreiben.“

Darüber hinaus kündigte der Verkehrsminister an, dass das Land bei nachfragstarken Strecken grundsätzlich die Bestellung und die Kosten für den Betrieb der reaktivierten Bahnstrecken gemäß dem Landesstandard (mindestens Stundentakt, bei hoher Nachfrage mehr) übernehmen wird. Wird ein Angebot mit mehr Zügen als dem Lan-desstandard gewünscht, müsste der Teil des Angebots, der über den Landesstandard hinausgeht, kommunal finanziert werden. „Gerade auch um den ländlichen Raum zu stärken, übernimmt das Land bei Strecken mit einem Fahrgastpotenzial von mindes-tens 750 Fahrgästen je Schultag die Betriebskosten. Und bei Strecken mit einem mitt-leren Fahrgastpotenzial von 500 bis 750 Fahrgästen je Schultag bieten wir eine antei-lige Finanzierung der Betriebskosten in Höhe von 60 Prozent an.“

Die Vergabe der Mittel erfolgt in zeitlicher Reihenfolge der Inbetriebnahmen, sofern ausreichend Mittel vorhanden sind. „Durch diese Regelung besteht ein hoher Anreiz, zügig die notwendigen Planungen schnell in Angriff zu nehmen.“ Minister Hermann motivierte daher die lokalen und regionalen Akteure, jetzt aktiv zu werden: „Die Reak-tivierung von Schienenstrecken kann nur gemeinsam gelingen. Die Initiative muss von der kommunalen Ebene kommen. Als Land unterstützen wir die Projekte mit Rat und Tat und auch finanziell.“





Quelle:/Fotos: Ministerium für Verkehr Baden-Württemberg