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Datum: 15.07.2024 Uhrzeit: 08:45

BEG startet Vergabeverfahren für Regionalverkehr mit innovativen Neigetechnikzügen im Allgäu


Liniennetzkarte

Neue emissions- und barrierefreie Neigetechnikfahrzeuge mit Strom aus Oberleitung, Wasserstoffzelle und Akku / Behutsamer Austausch der Fahrzeugflotte / Aktuelles Fahrplankonzept wird fortgeführt

MÜNCHEN. Die Bayerische Eisenbahngesellschaft (BEG) hat das Vergabeverfahren „Neigetechnik Allgäu“ gestartet. Im Rahmen der Ausschreibung wählt die BEG das Eisenbahnverkehrsunternehmen aus, das von Dezember 2029 bis Dezember 2041 den Regionalverkehr mit Neigetechnikfahrzeugen im Allgäu betreiben wird. Während der Vertragslaufzeit wird die Flotte schrittweise durch neue, lokal emissionsfreie Neigetechnikfahrzeuge ersetzt. Aktuell sind im Netz noch dieselbetriebene Neigetechnikfahrzeuge unterwegs. Es handelt sich um ein Verhandlungsverfahren mit vorgeschaltetem europaweiten Teilnahmewettbewerb. Interessierte Unternehmen können sich bis spätestens Ende August 2024 bewerben. Den Zuschlag erteilt die BEG voraussichtlich Mitte 2025. Die BEG plant, finanziert und kontrolliert den Regional- und S-Bahn-Verkehr im Auftrag des bayerischen Verkehrsministeriums.
„Das ist eine der spannendsten und herausforderndsten Ausschreibungen, seit der Freistaat vor fast 30 Jahren die Zuständigkeit für den Schienenpersonennahverkehr im Freistaat übernommen hat“, bemerkt Bayerns Verkehrsminister Christian Bernreiter, der zugleich BEG-Aufsichtsratsvorsitzender ist. „Bayern bringt mit diesem Projekt attraktive Zugangebote, Klimaschutz und Innovation gleichsam aufs Gleis. Denn nur mit einem zeitgemäßen Neigetechnikfahrzeug lassen sich im Bahnnetz des hügeligen Allgäus jene Fahrtzeiten realisieren, die für den fein austarierten Bayern-Takt und optimalen Umsteigeverbindungen an den Knotenbahnhöfen nötig sind.“
Die Vergabe umfasst mehrere Linien zwischen Augsburg beziehungsweise München und Buchloe, die über Kempten und Immenstadt nach Lindau sowie Oberstdorf weitergeführt werden. Die Durchbindung von zwei Zugpaaren über Augsburg hinaus von/nach Nürnberg („Allgäu-Franken-Express“) wird als Option ausgeschrieben. Hinzu kommen die Linien von Augsburg über Türkheim nach Memmingen und Bad Wörishofen. Aktuell werden sämtliche Linien von DB Regio betrieben.

Neue trimodale und barrierefreie Neigetechnikfahrzeuge

Im Unterschied zu den aktuell eingesetzten Diesel-Neigetechnikfahrzeugen der Baureihe 612 werden die noch neu zu entwickelnden Fahrzeuge elektrisch angetrieben und können den Strom aus drei Quellen beziehen: aus der Oberleitung, aus der mitgeführten Batterie und aus einer wasserstoffgespeisten Brennstoffzelle. Zudem werden sie im Gegensatz zu den bisherigen Neigetechnikfahrzeugen barrierefrei sein.
„Dieses Fahrzeug wird eine Weltneuheit sein und in Bayern das Neigetechnik-Zeitalter 2.0 einläuten“, sagt Minister Bernreiter. „Ich setze auch darauf, dass wir damit Trendsetter sein werden.“ Insbesondere verweist der Minister auf den von ihm vor gut anderthalb Jahren herbeigeführten Ministerratsbeschluss, mit dem sich die Bayerische Staatsregierung zur Zukunft der Neigetechnik bekannte und der Durchbruch für die nunmehrige Richtung erzielt worden war.

Behutsamer Austausch der Fahrzeugflotte

Die BEG plant einen behutsamen Austausch der Fahrzeugflotte. Die Laufzeit des Verkehrsvertrags ist deshalb in zwei Betriebsstufen aufgeteilt: In der ersten Betriebsstufe sind gebrauchte Neigetechnikfahrzeuge noch zugelassen, und die Flotte wird nach und nach durch die neuen trimodalen Neigetechnikfahrzeuge ersetzt. Dieser Übergangszeitraum soll die reibungslose Inbetriebnahme der gesamten Flotte gewährleisten.
„Die Zuverlässigkeit des Regionalverkehrs hat für uns gerade im Hinblick auf die Fahrgäste höchste Priorität“, erklärt Bärbel Fuchs, Geschäftsführerin der BEG. „Deshalb gehen wir beim Einsatz der neuen Neigetechnikfahrzeuge so behutsam wie möglich vor, mit ausreichend Zeit für den Probebetrieb in kleinen Stückzahlen. Erst wenn sich das neue Neigetechnikfahrzeug im Betriebsalltag bewährt hat, wird die Flotte komplett ersetzt.“
Sobald sämtliche Fahrzeuge ausgetauscht sind, startet die zweite Betriebsstufe. Zu diesem Zeitpunkt werden die beiden Linien RE 71 und RE 73 (Augsburg –) Türkheim – Memmingen / Bad Wörishofen aus dem Verkehrsvertrag herausgelöst. Auf diesen Linien fahren dann voraussichtlich Fahrzeuge ohne Neigetechnik, was sich im Fahrplan nicht signifikant auswirkt. Im Gegenzug wird die Linie RE 79 Augsburg – Buchloe – Kempten in das Netz Neigetechnik Allgäu aufgenommen und erstmals mit Neigetechnikfahrzeugen bedient. Aktuell gehört diese Linie noch zum Los 1 des Dieselnetzes Allgäu. Die Fahrtzeitgewinne durch die schnelleren Neigetechnikfahrzeuge werden auf dieser Linie unter anderem genutzt, um perspektivisch die geplanten neuen Stationen Aitrang und Kempten-Ludwigshöhe im Stundentakt bedienen zu können.
In beiden Betriebsstufen behält die BEG das bewährte Fahrplankonzept bei, mit abgestimmten Umsteigeverbindungen in den Bahnknoten, an denen sich Linien begegnen. Ebenfalls weitergeführt wird das bisherige Flügelzugkonzept, also die Trennung beziehungsweise Vereinigung der Zugteile in Türkheim (bei den Linien nach Bad Wörishofen und Memmingen in der ersten Betriebsstufe) sowie in Immenstadt (bei den Linien nach Lindau und Oberstdorf).

Sammelbeschaffung für das Allgäu und Nordostbayern

Im Rahmen des Vergabeverfahrens Neigetechnik Allgäu werden auch die neuen Neigetechnikfahrzeuge für die Linien in Franken und der Oberpfalz mitbestellt, die aktuell im Netz Expressverkehr Nordostbayern (EVNO) zusammengefasst sind. Die neuen Fahrzeuge werden den Bietern im Rahmen des EVNO-Folgevertrags ab voraussichtlich Dezember 2032 zur Verfügung gestellt. Der Grund für die gemeinsame Beschaffung der Neufahrzeuge für beide Netze ist, dass es sich bei dem trimodalen Neigetechnikfahrzeug um eine Neuentwicklung handelt. Potenzielle Hersteller benötigen deshalb eine Mindestmenge an Fahrzeugbestellungen, um in die Konzeption und Produktion eines solchen Fahrzeugs einzusteigen.

Hohe Qualitätsanforderungen

Die BEG stellt detaillierte Anforderungen hinsichtlich der Betriebs- und Servicequalität. Das Eisenbahnverkehrsunternehmen, das sich im Vergabeverfahren durchsetzt, erhält u. a. monatliche und jährliche Zielwerte zur Pünktlichkeit und zur Anschlusssicherung. Unterschreitet das Unternehmen diese Werte, werden Strafzahlungen fällig. Fallen Züge komplett aus, erhält das Verkehrsunternehmen keine Vergütung von der BEG, sind die Zugausfälle noch dazu vom Verkehrsunternehmen eigenverschuldet, erhebt die BEG zusätzlich Strafzahlungen. Außerdem misst die BEG die Servicequalität des Betreibers mithilfe von Tests und Fahrgastbefragungen. Zu den Kriterien zählen unter anderem die Sauberkeit der Züge, die Funktionsfähigkeit der Ausstattung und die Fahrgastinformation. Unterschreitet ein Verkehrsunternehmen die von der BEG vorgegebenen Zielwerte, muss es Strafzahlungen leisten. Übertrifft es die Mindestanforderungen, erhält es einen finanziellen Bonus.





Quelle:/Fotos: Bayerische Eisenbahngesellschaft