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Februar 2005 Begegnungen mit der Baureihe 140, Teil 1: Winterferien 2005 Benjamin Rührich
Baureihen

Teil 1: Winterferien 2005 Begegnungen mit der Baureihe 140

Schon immer standen die schweren und kraftvollen Güterzuglokomotiven im Schatten ihrer pfeilschnellen und eleganten Schwestern, den Schnellzuglokomotiven. Trauriges Beispiel bildet der Fall der Baureihe 150, bei der, im Gegensatz zur 103, nach ihrer endgültigen Abstellung bei DB Cargo im Jahr 2003 nur zwei Maschinen museal erhalten blieben.
Meine Geschichten von Begegnungen mit einer anderen Güterzugbaureihe, der Baureihe 140, soll diesen Arbeitstieren im Güterverkehr ein Denkmal setzen.

Bleicherode, 07. Februar 2005
An einem wunderschönen Winterferienfebruarmorgen, es war der 07. Februar 2005, entschloss ich mich am Frühstückstisch meiner Großeltern in Bleicherode (in der Nähe von Nordhausen) zu einem Spaziergang zum etwa 4 Kilometer entfernten Bahnhof. Sofort nach dem Abwasch schnappte ich mir meine Kameratasche und begab mich auf den Weg. Nach etwa 45 Minuten erreichte ich den Bahnhof. Mittlerweile war die Sonne vollständig am stahlblauen Himmel - ideale Fotobedingungen - doch noch war es ruhig. Der kleine Bahnhof Bleicherode liegt an der Strecke Halle (Saale) - Eichenberg, die bis zur Wiedervereinigung eingleisig bis Arenshausen betrieben wurde.

Nach einigen Reisezügen (r. 143 572 in Bleicherode) ...

...zeigte das Ausfahrtsignal den Signalbegriff "Hl 1 - Fahrt mit Höchstgeschwindigkeit". Da alle planmäßigen Reisezüge die Strecke passierten, wusste ich, dass es sich um einen Güter- oder Sonderzug handeln musste. Einige Zeit später konnte man schon ein lautes Grollen hören, was meine Anspannung immer größer werden lies. Plötzlich sah ich einen verkehrsroten Schein auf der Strecke, den ich aber nicht eindeutig identifizieren konnte. Ich nahm meine Kamera aus der Tasche und holte mir die Lok mit dem Objektiv etwas heran: Nun konnte ich erkennen, dass es sich um eine 140, sogar in Doppeltraktion handelte. Pünktlich um 12 Uhr donnerten die beiden Maschinen durch den Bleicheröder Bahnhof und an mir vorbei (u. Zuglok 140 867). Diese erste Begegnung mit einer 140, zudem noch in Doppeltraktion, ließ mich zu einem echten "Freak" dieser Baureihe werden.



Wolkramshausen, 09 Februar 2005
Aufgrund eines schweren Sturzes meines Großvaters am Vortag des 08. Februars 2005, wurde er in das Krankenhaus in Bad Frankenhausen eingeliefert. Da meine Großmutter nicht mehr in der Lage ist Auto zu fahren, mein Opa jedoch dringend Nachtwäsche, Handtücher und "Waschzeug" benötigte, entschloss ich mich ihn mit dem Zug am nächsten Tag in Bad Frankenhausen zu besuchen.
Bereits um 9 Uhr begann meine Reise, ausgehend von Bleicherode. Nach einiger Fahrzeit im mollig warmen Doppelstockwagen erreichte mein Zug den Bahnhof Wolkramshausen, einem verlassenen und im Winter sehr zugigen Umsteigebahnhof. Hier musste ich in den Zug nach Bad Frankenhausen umsteigen. Sofort nachdem ich aus meinem Zug ausstieg, fuhr mir ein eisiger Wind in mein Gesicht. Sofort bereute ich, dass ich extra eine Regionalbahn früher fuhr, um in Wolkramshausen noch einige Fotoaufnahmen zu machen.


Die Türen des Zuges schlossen sich, der Zug setzte sich unter ohrenbetäubenden Lüftergeräuschen der Zuglok 143 291 in Bewegung. Nun war es wieder still auf dem Bahnhof. Alle Ausfahrtsignale zeigten Halt.
Nur die Einfahrt einer Regionalbahn, gebildet aus einer 642-Einheit, unterbrach kurz die Stille.


Nach einiger Zeit zog mir die Kälte durch alle Jacken und Pullover. Geheizte Warteräume gibt es hier nicht. So ging ich den Bahnsteig auf und ab, damit mir wenigstens ein bisschen wärmer wurde. Immer im Blick hatte ich das Ausfahrsignal, um auf eventuelle Zugbewegungen vorbereitet zu sein, doch es tat sich nichts. Die Abfahrtszeit meines Anschlusszuges rückte immer näher, innerlich begrub ich meine Hoffnungen auf einen Fotoerfolg. Langsam begab ich mich zu dem Bahnsteig, an dem in 10 Minuten auch mein Anschlusszug abfahren sollte. Ein letztes mal drehte ich mich nach dem Ausfahrtsignal um und - es zeigte Ausfahrt frei. Doch noch war von einem Zug nichts zu hören. Ich griff nach meiner Kamera und stellte das Bild ein. Während dessen fingen die Schienen zu singen an. Auch das typische Grollen eines Güterzuges konnte ich nun deutlich hören. Es wurde immer lauter und bedrohlicher als plötzlich die Gremberger 140 821 mit einer Schwestermaschine und ihrem Kohlezug ins Ruhrgebiet an mir vorbei donnerten. Das lange warten in der Kälte des trostlosen Bahnhofes hatte sich zum Ende noch gelohnt. Nachdem die Vorbeifahrt des Güterzuges, die ich in "vollen Zügen" genoss, beendet war, hastete ich eilig zu meinem Bahnsteig, an dem ich meine Reise im schön warmen 642 Abteil fortsetzte.


Bleicherode, 11. Februar 2005
Nach seinem dreitägigen Aufenthalt im Krankenhaus wurde mein Großvater ohne größere Verletzungen entlassen. Da ihm die Reise mit dem Zug zu anstrengend war (man muss 2x umsteigen), bat er den Nachbarn meiner Großeltern in Bleicherode ihn mit mir abzuholen.
Da ich der Meinung war, dass sich unterwegs nichts zum fotografieren anbieten würde, lies ich die Kamera zu Hause liegen. Auf dem Heimweg erspähte ich im Bahnhof Bleicherode eine Autowagenganzzug, bespannt mit der Seelzer 140 102. Dummerweise hatte ich die Kamera nicht dabei. Enttäuscht fuhr ich mit dem Nachbarn und meinem Großvater zum Haus meiner Großeltern. Irgendwie musste aber der Nachbar die Enttäuschung in meinem Gesicht bemerkt haben, denn er fragte mich, ob er mich nochmals mit dem Auto zum Bahnhof fahren sollte. Freude strahlend willigte ich ein. "Ich muss nur noch schnell meine Kamera holen", sagte ich mit aufgeregter Stimme und "stürmte" sogleich das Haus, um meine Kameratasche zu holen. Türknallend verließ ich das Gebäude, rannte zum Auto meines Nachbarn und fuhr mit ihm auf schnellsten Wege zum Bahnhof. Als wir nach kurzer Fahrzeit ankamen, stand der Zug noch immer auf einem der Ausweichgleise. Er lies sich wahrscheinlich von einem schnelleren Regionalexpress überholen. Schnell stieg ich aus dem Auto aus und fing sofort an meine neue Lieblingslokomotive zu "knipsen". Doch viel Zeit blieb mir nicht zum fotografieren, denn einige Minuten nach unserer Ankunft, bekam der Güterzug Ausfahrt in Richtung Eichenberg. Überglücklich stieg ich in das Auto meines "Chauffeurs", der mich dann bei meinen Großeltern absetzte, bei denen die Aktion ein wenig auf Unverständnis stieß.



Teil 2 folgt im Juli 2006.





Text und Bilder: Benjamin Rührich