Die Teilung Deutschlands trennte auch die Schienenstränge zwischen Ost und West. Normale Bahnhöfe wurden zu Grenzbahnhöfen zwischen DB und DR, an denen teils spektakuläre Fluchtversuche stattfanden. Im Laufe der Jahre ergriffen die DDR-Machthaber immer mehr "besondere Maßnahmen", um Fluchtversuche zu verhindern. Die DR-Bahnhöfe veränderten sich in vieler Hinsicht: Wachtürme, Tore, Stacheldrahtzäune sowie Überwachungsbrücken waren dabei die weithin sichtbaren "Signale".
Das Buch "deutsch-deutsche Grenzbahnhöfe" widmet sich dieses besonderen Kapitels der Eisenbahngeschichte. Dabei gelingt es Bernd Kuhlmann nicht nur, im Bild und Text einen Überblick über die historischen Abläufe zu bieten. Er geht auf herausragende Einzelereignisse ausführlich ein. Aufsehen erregende Fluchten gehören ebenso dazu wie grundlegende Umbauten an Strecken und Bahnhöfen. Jeder einzelne Grenzbahnhof wird dargestellt, mit raren Fotos und Gleisplänen. Faksimiles von Originaldokumenten und Fotos, die knapp nach der Wende entstanden, runden diesen faszinierenden Band ab.
Inhalt:
Reisen zwischen Deutschland
Mit Zügen in die Freiheit
Grenzbahnhöfe zur Festung ausgebaut
Grenzbahnhöfe in der Bundesrepublik
Die "internen" Grenzbahnhöfe der DR
Die Wende und der Pferdefuß der Technik
Anhang
elektrolok.de-Bewertung
Das Buch beginnt zunächst mit den politischen Entwicklungen der Nachkriegszeit, die letztendlich zur Spaltung Deutschlands in West und Ost führten. Ausschnitte aus Gesetzestexten zum Verkehr zwischen den beiden Deutschen Hälften und Dienstvorschriften zur Durchführung des Eisenbahnverkehrs zwischen DDR und BRD zeigen die deutsche Gründlichkeit, mit der sich dieses Themas angenommen wurde. Lesenswerte Informationsberichte über Zollkontrollen runden das Kapitel ab.
Das folgende Kapitel "Mit Zügen in die Freiheit" widmet sich den Fluchtversuchen, die mit der Bahn unternommen wurde und zeigt viele Einzelschicksale geglückter oder verhinderter Fluchtversuche. Das nächste Kapitel widmet sich dann den Bahnhöfen an der Grenze und deren schrittweisen Ausbau zu wahren Festungen. Bauliche Maßnahmen, Veränderungen der Schienen wie Schutzweichen und Gleissperren oder besondere Sicherheitsvorschriften für das Bahnpersonal sollten Fluchtmöglichkeiten wie z.B. das Nachfahren eines zweiten Zuges oder das Aufspringen auf anfahrende Züge verhindern.
Es folgende Beschreibungen der Grenzbahnhöfe zur Bundsrepublik Herrnburg, Schwanheide, Oebisfelde, Marienborn, Ellrich, Arenshausen, Wartha-Gerstungen-Dankmarshausen-Vacha, Sonneberg, Probstzella und Gutenfürst werden mit seltenen Fotos, Planskizzen und Texten zur Geschichte des Zugverkehrs behandelt. Danach schließen sich Ausführungen über die innerdeutschen Grenzbahnhöfe in Berlin an. Die Schwierigkeiten des in West und Osthälfte getrennten Bahnhofs Berlin-Friedrichstraße finden ebenso einen Platz wie die Stationen Griebnitzsee, Drewitz/Seddin Süd oder Wustermark Rbf/Staaken. Der politische Umbruch und die Folgen für die Grenzbahnhöfe ist schließlich Thema des kurzen letzten Kapitels.
Seltene Bilder und Pläne sowie die lesenswerten Texte lassen das unglaubliche Sicherheitssystem der DDR Revue passieren. Alle Bahnhöfe zwischen West und Ost werden ausführlich dokumentiert. Insbesondere die Schwierigkeiten der Betriebsführung und die "Vorsichtsmaßnahmen" der DDR-Machthaber ernten dabei heute bei vielen Lesern wohl nur ungläubiges Kopfschütteln. Dabei wird aber nicht nur auf die technischen Komponenten, sondern auch die politischen Hintergründe und menschliche Schicksale eingegangen und auch so manches Detail aus der 40 Jahre dauernden Teilung Deutschlands ans Licht geholt.
Fazit: Sehr gute Umsetzung eines traurigen Kapitels der deutschen Eisenbahngeschichte.