Neunzig Jahre vor Erscheinen dieses Buches, im August 1914, transportierten die deutschen Länderbahnen die größte Angriffsarmee der Geschichte an die Westgrenze. Wenig später waren Belgien und weite Teile Nordfrankreichs in deutscher Hand, doch schon nach der Marneschlacht im September 1914 war der Krieg kaum mehr zu gewinnen. Unendliche Truppentransporte auf den Eisenbahnstrecken der Mittelmächte ermöglichten aber noch große Eroberungen im Osten und auf dem Balkan.
Deutsche Soldaten, Eisenbahner und Kriegsgefangene mussten viele Jahre lang die eroberten Streckenetze wiederaufbauen und ergänzen und den Bahnbetrieb mit vielfältigen Lokomotiven und Wagen auf vielen Spurweiten führen. Direkt hinter den Fronten wurden Feld- und Förderbahnen mit 600 mm Spurweite gefahrvoll errichtet und betrieben. Dampf- und Benzollokomotiven, Pferde und Soldaten brachten die Munitionszüge in vorderste Stellungen. Unglaublicher Aufwand galt auch den planmäßigen Zerstörungen bei Rückzugsbewegungen. So mancher Feldeisenbahner ließ sein Leben in der Hölle der Westfront oder bei Brückenbauten über russische Flüsse. Alle Mühe war vergebens - 1918 mussten die Vertreter des Deutschen Reiches den Waffenstillstand unterschreiben - in einem Eisenbahnwagen.
Der ausführliche Text wird durch ca 600 Abbildungen belebt, die unvergängliche Einblicke in das vielfältige Bau- und Betriebsgeschehen hinter den deutschen und österreichischen Kampflinien erlauben. Historische Zitate reichen von Propaganda über Feldpostkarten und Aktenauszüge bis zur großen Literatur. Beiträge aus Frankreich, England, Russland und den USA erweitern den Blick.
Das Buch stellt ein Standardwerk zu einer dramatischen Epoche deutscher und europäischer Eisenbahngeschichte dar.
Inhalt:
Vorwort
Krieg und Weltkrieg - Annäherung an eine historische Tragödie
Armee und Eisenbahn vor 1914
Imperialismus auf Schienen zu Beginn des 20. Jahrhunderts
Deutschland, Österreich-Ungarn und Europa 1914
Sarajewo und die geplante Eskalation
Mobilmachung und Aufmarsch im August 1914
Entscheidung an der Marne, Blutbad in Flandern - und die Aneignung der Bahnen "im Westen" 1914
Führung und Organisation der Feldeisenbahntruppen
Zerstörungen und Instandsetzungen von Bahnen in fünf Spurweiten beim Kampf um Ostpreußen und Polen 1914/15
Österreich-Ungarns Debakel 1914/15
Österreichische (und deutsche) Beutelokomotiven in Russland ab 1914
Die Eroberung Galiziens, Russisch-Polens und des südlichen Baltikums 1915 und der Bahnbau zwischen Karpaten und Ostsee
Die Eroberung Serbiens, Montenegros und Albaniens September bis Dezember 1915 und der Krieg in der Türkei und das Feldeisenbahnwesen zwischen Donau und Taurusgebirge.
Die Feld- und Förderbahnen an der Westfront
Baumaßnahmen am Vollbahn und Kleinbahnnetz in Belgien, Luxemburg, Frankreich und linksrheinischem Deutschland
Verwaltung, Verkehr, Betrieb und Lokomotiven im besetzten Belgien und Frankreich
Unstete Fahrt! Habt Acht, habt Acht! Die Welt ist voller Morden
Aktien Alberich - Abbau und Zerstörung von Bahnanlagen beim planmäßigen Rückzug in die Siegfried-Stellung im März 1917
Wagen als Waffen und Wohnungen
Weltkrieg, Weltgeschichte und Eisenbahnarbeit im Osten 1915-17
Kriegseintritt und Niederwerfung Rumäniens 1916/17 und Instandsetzung der Eisenbahnen über die Karpaten
Organisation und Führung des deutschen Feldbahnwesens 1915-18
Krieg und Papierkrieg der "Dritten OHL"
Von Brest-Litowsk zum Schwarzen Meer - der "Eisenbahnkrieg" in Russland und der Ukraine im Frühjahr 1918
"Große Schlacht in Frankreich" - die Tätigkeit der Eisenbahntruppen bei den letzten Westoffensiven 1918
Die Feldbahnen der britischen Armee in Frankreich und Belgien 1914-18
Im Felde doch besiegt - Deutschlands Niederlage im Herbst 1918
Compiegne - Waffenstillstand im Eisenbahnwagen
elektrolok.de-Bewertung
Schon im ersten Weltkrieg spielte die Eisenbahn eine wichtige Rolle. Dies wird aus dem Werk von Andreas Knipping deutlich. In akribischer Detailarbeit werden bislang unbekannte und vergessene Episoden aus der Zeit von 1914 bis 1918 wieder ans Licht geholt. Dabei will der Autor einen Gesamtüberblick geben, der durch Detail-Beispiele veranschaulicht wird. Das Werk besitzt einen weitgehend chronologischen Aufbau und reicht von der Vorgeschichte des Weltkrieges und die ersten Kampfhandlungen im Westen 1914 über den Krieg im Osten (ab 1914) bis hin zum Eisenbahnkrieg der Westalliierten sowie dem Kriegsende 1918.
Die Geschichte der Eisenbahn im Ersten Weltkrieg wird dabei vor dem Hintergrund der politischen Rahmenbedingungen dargestellt, so dass der Leser ein umfassendes Bild der Eisenbahngeschichte Europas 1914-1918 erhält. Mit vielen statistischen Daten, Tabellen und Aufstellungen werden die einzelnen Kapitel dieses Werks angereichert und durch viele Fotos aus dem Krieg ergänzt. Akribisch wird die Zerstörung und der schwierige Wiederaufbau vieler Brücken und Strecken aufgelistet. Viele im Krieg verwendete Loktypen und Wagen der großen Bahn sowie der unzähligen Feldbahnen finden ebenfalls Platz in diesem Buch.
Wer tiefer in die Geschichte der Eisenbahn im Ersten Weltkrieg einsteigen will, für den ist dieses Buch ein absolutes Muss.
