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1988-2004SpessartFörster - Spitzname oder Programm?Thomas Förster
Reisen

von Thomas Förster

In meinem Büro sind wir drei Leute, alles "Jungs", alle umgängliche Typen. Ich habe als einziger einen "Ehrenlokführerschein", zwar nur auf 44, aber was heißt in dem Zusammenhang "nur" ? Nun wissen meine beiden Kollegen ziemlich genau um mein Hobby. Und da ich mindestens zweimal im Jahr an der bekannten Spessartrampe zwischen Lauffach und Heigenbrücken bin, werde ich halt manchmal "Spessartförster" genannt. Besser als "Spessarträuber", da hat man mit Sicherheit den BGS am Hals.

Angefangen hatte alles, als ich meinen alten FK 1000 erworben hatte. Als Lehrling ein eigenes Auto, und dann gleich so etwas. Damit konnte man prima Touren machen und im Laderaum übernachten. Diese Touren führten auch an solche Stellen wie die Geislinger Steige und - die Spessartrampe! So entstanden die ersten Eindrücke vom Schiebebetrieb, der im Spessart, anders als z. Bsp. im Frankenwald, auf dem Präsentierteller stattfindet. Leider habe ich keine E94 mehr im Spessart erlebt, aber die 150 macht auch was her. Das Ansetzen der Schiebelok im Bahnhof Lauffach und das gemeinsame Anfahren des Zuges, dann die Rückkehr der Schiebe und ihr Einrücken auf das Wartegleis, nachdem die zweite Schiebe auf den anderen Platz gewechselt ist, das waren Sachen, die bei mir im "Flachland" natürlich wenig bekannt waren und die auf großes Interesse stießen. Als ich endlich meinen Einsatzwagen neu lackiert hatte und ein Ziel suchte, das der ersten Fahrt nach diesem Unterfangen gerecht wurde, konnte es daher nur heißen: "auf in den Spessart!"


Eindrücke aus den 80ern: Zwei oceanblau-beige 150er warten in Lauffach am 09. Oktober 1988 auf ihre nächsten Schiebeeinsätze (l.). Am 29. März 1989 hält ein Güterzug zum Ansetzen der Schiebelok in Lauffach (m.) an den die 150 091 (r.) ansetzt um den Zug gemeinsam mit der Zuglok über die Rampe zu bringen.

Diesmal sollte es aber an den Scheitelpunkt gehen. Und jetzt muß ich die Lage der Rampe etwas erklären: die Strecke von Aschaffenburg nach Würzburg hat eine Steigungsstrecke zwischen Lauffach und Heigenbrücken im Spessart, die erheblichen Einfluß auf die Anhängelast der Güterzüge hat. Diese können hier nur noch halb so stark ausgelastet sein, wie auf der restlichen Strecke. Um trotzdem die Züge durchzubekommen, kann man sie entweder vor der Rampe teilen, oder man schiebt sie nach. Letzteres ist einfacher, zumal man auf das feste Ankuppeln der Schiebelok verzichtet, und daher den Zug nur beim Ansetzen anhalten muß. Die Rampe ist auch nur wenige Kilometer lang und steigt stetig, daher ist auch ständig der Druck von hinten benötigt, und die Schiebe verliert den Kontakt zum Zug nicht so leicht.

Am Brechpunkt kann der Zug dann weiterfahren, und die Schiebe bleibt einfach auf dem Gleis zurück. Der Lokführer muß nämlich noch beobachten, ob der ganze Zug, den er mit seiner Lok nachgeschoben hat, über den Berg ist, oder ob eine Zugtrennung passiert ist. Dann setzt die Lok auf einer dafür vorgesehenen Weichenverbindung auf das Gegengleis um und fährt wieder bergab, neue Einsätze abwarten. In der Praxis kommen da noch einige "Schmankerl" ins Spiel, Gegenzüge, starke Streckenbelegung, Überlast mit zwei Schiebeloks und so weiter. Von den Lokalitäten her passiert das ganze so: ein Güterzug fährt in Lauffach ein, hat er eine 151 vorne dran, kann diese ungefähr 1000 Tonnen alleine über den Aufstieg schaffen. Alles darüber muß geschoben werden. Ist unser Zug schwerer, dann wird er in Lauffach gestellt. Eine der dort stationierten Loks setzt sich dann hinten dran. Über Funk (Schiebefunk!) verständigen sich die beteiligten Lokführer über ihr Zusammenarbeiten. Wenn alles klar ist, setzt sich die ganze Fuhre nach 3 - 5 Minuten in Bewegung, nachdem die Ausfahrt freigegeben wurde. Nach 8 - 10 Minuten wird dann der Scheitelpunkt erreicht. Kurz vorher steht ein Signal, das das Einstellen des Nachschiebens verlangt (r. - Zustand 1991). Dort rollt dann die Schiebe nur noch "leer" hinterher, und kurz vor dem Schwarzkopftunnel hält sie vor dem Signal, das der nachgeschobene Zug gerade passiert hat. Diese Stelle gehört betrieblich bereits zum Bahnhof Heigenbrücken, ist aber räumlich durch den Tunnel von ihm getrennt.


Die Örtlichkeiten im Oktober 1991: Der Schwarzkopftunnel: Scheitelpunkt der Spessartrampe (l.) - am anderen Ende liegt Heigenbrücken, das beschriebene Ausweichgleis in den Wald (m.) sowie das alte Wärterhäuschen an der Ausweiche (r.)

Unser Zug ist inzwischen weitergefahren, der Lokführer der Schiebe durch seinen Maschinenraum geturnt, und der Fahrdienstleiter von Heigenbrücken erteilt ihm den Befehl zur Rückkehr nach Lauffach. Nach weiteren 10 Minuten ist unsere Schiebe wieder unten. Das ist der normale Vorgang. Kommt gerade ein (oder auch mehrere Gegenzüge), dann hat unser Lokführer Zeit, sich die Landschaft anzuschauen oder immer wieder am Tunnel herumlungernde Fotografen zu "interviewen". Manchmal wird er aber auch von einem nachfolgenden Zug "gejagt", dann gibt es den Befehl zum Ausweichen. Da oben ist nämlich auch noch ein Ausweichgleis, das nach einigen -zig Metern im Wald endet. Ist für alles keine Zeit vorhanden, dann bleibt die Schiebe bis in den Bahnhof Heigenbrücken am Zug und wartet dort auf die Rückkehr. Und nun zurück zu meiner Exkursion:

Mitten in der Nacht kam ich in Lauffach an, natürlich alles stockfinster und zudem noch kalt, es war Mitte Oktober. Also suchte ich mir ein kuscheliges Plätzchen, wo ich meinen Lieferwagen an die Seite stellen und mich selbst aufs Ohr legen konnte. Etwas oberhalb von Hain in der Feldmark war schnell eine Stelle in Hörweite der Rampe gefunden, der Schlafsack auf der Ladefläche ausgerollt und meine Wenigkeit vom Rollgeräusch der Güterzüge in den Schlaf gesungen…. Mit dem ersten Büchsenlicht und nach einem Schluck aus der Thermoskanne ging ich dann an die Bezwingung der Rampe zu Fuß, immer am Bahndamm entlang. Als ich vor dem Tunnel ankam, musste ich erst mal schlucken. Schön zugewachsen war das da oben! Das kleine Wärterhaus stand noch, aber die Tür war schon nicht mehr geschlossen, auch hatte man die Wände schon "verziert". Nichtsdestotrotz fotografierte ich etwas vor mich hin, ein Kesselwagenzug mit oceanblau-beigem 140-Doppel und eine grüne 150 als Schiebe, das war nicht schlecht. Und was da alles, im Vergleich zu heute, rumtobte: grüne 141, blaue 110, alle möglichen 140 - 150 - 151, eine orientrote 103, viele normale 103er... Das war mein erster Besuch am Berg.


Die Ausbeute des ersten Besuchs (1991) am Berg: Eine der vielen 103er, die über den Berg fuhren - die orientrote 103 mit einem IC (l.), die ocenablau-beige 140 767 und eine zweite 140 erklommen mit einem Kesselwagenzug die Rampe (m.), der von 150 087 nachgeschoben wurde (r.)

Jahre später, inzwischen verheiratet und mit Sohn versehen, dann wieder eine Bergtour als Zwischenstopp zum Frankreichurlaub, und die 2/3-Mehrheit der Familie kam ohne Meckern mit. Zwar waren jetzt noch 150er im Dienst, aber wie sahen die jetzt aus!
Orientrot-braun-verschmiert und ehemals-oceanblau-beige heißen diese Farbtöne wohl... Na, das kann ja nicht mehr lange gut gehen! Also kurz darauf noch mal einen Freitag Urlaub genommen, und frühmorgens alleine auf den Berg. Und dann habe ich zum ersten Mal das volle Programm mitbekommen. Glücklicherweise hatte man vorher eine Böschung wunderbar freigeschnitten, das gab ein gutes Schussfeld. Es nieselte stetig, und dann begann die Schau. Ein Güterzug trommelte in Lauffach los, wenn es still war und kein Flieger auf Warteschleife herumdröhnte, konnte (und kann es noch) man das akustisch gut verfolgen. Knapp 6 Minuten später kam er um die Ecke, geschoben von dem blau-beigen Wunder. Der Zug verschwindet in den Tunnel, die Lok wartet und setzt nicht um, nein, sie verschwindet rechts raus auf das Ausweichgleis.

Muß wohl was hinterherkommen. Richtig. Über Minuten ist der Singsang einer 152 zu hören, die sich auf den schlüpfrigen Schienen ohne Schiebelok die Rampe hochquälen muß. Mit etwas mehr als strammer Fußgängergeschwindigkeit schleppt sich der Zug vorbei. Und die Schiebe, die drüben wartet? Rührt sich immer noch nicht. Stattdessen grummelt wieder ein Güterzug heran, diesmal eine 151, mit zügigem Tempo, und mit der zweiten Schiebe hintendran!



Interessantes Schublok-Manöver am 14. April 2000: Die oceanblau-beige 150 070 fährt in das Ausweichgleis (m.o.) und wartet bis 151 108 (r.o.) mit dem Güterzug die Steigung erklommen hat. Die nachschiebende verkehrsrote 150 157 kuppelt ab (m.u.) und fahrt als LZ weiter nach Heigenbrücken (r.u.). Dabei kam es zum Treffen der beiden Nachschubloks 150 070 und 150 157 (l.).

Diese hält vor dem Tunnel, lässt einen Gegenzug passieren, und setzt dann um zur Rückfahrt. Jetzt kann auch die andere Lok aus ihrer Sackgasse raus und wieder nach Lauffach. Dieses Erlebnis zog natürlich noch mehr Touren nach sich, diesmal mit Familie. Während meine Frau und mein Sohn sich mit Baumhüttenbau beschäftigten, knipste ich die Schiebeaktionen und später suchten wir dann als Abschluß in Gemünden noch einen Italiener heim. Jetzt kamen auch noch geschobene Privatzüge dazu, die Rail4chem nämlich. War das die Rückkehr der grünen Loks?! Und irgendwann war es klar, dass man wieder vor Ort übernachten musste, um wirklich alles zu sehen. Mit einem alten Westfalia-Camper war das auch kein Problem.


Am 23. März 2002 konnte die 150 056 in Lauffach wartend angetroffen werden (l.), während die 182 022 ohne Schubhilfe über den Berg kommen musste (m.). Am 03. Oktober 2002 waren die Tage der 150 im Schubdienst fast gezählt, als die 150 164 in das Ausweichgleis fährt (r.).


Mit den vielen Privatloks gestaltet sich das Bild am Spessart heute wieder etwas farbenfroher. Die 145 CL 004 der Rail 4 chem kann ebenso angetroffen werden (l. am 03.10.2002) wie gelbe ex DR V100 (m. ebenfalls 03.10.2002). Ein sehr schöner Blick auf die Gleisanlagen am Scheitelpunkt (r. am 03.10.2002)

Um halb sieben den Erzzug abpassen mit der 151-Doppeltraktion, den eine (leider nur eine) 151 nachschob (die 151 hatte inzwischen die 150 abgelöst). Oder sich morgens von einer Baumaschinenüberführung wecken lassen, die von einer Nohab-Knubbelnase gezogen wurde. Kurz hinter Lauffach ist das Biest wacker in die Steigung genagelt, und ich aus dem Schlaf geschossen! Dann war plötzlich Ruhe, mitten in der Steigung war wohl ein Signal zu, und als es auf Fahrt ging, riss dieser Held seinen Diesel bis an den Stehkragen auf und uns wäre fast das Aufstelldach unseres Busses weggeweht. So möchte ich öfter geweckt werden, nur bitte nicht immer so früh. Und dann sind da ja auch noch diese Kuriositäten, die einem passieren. Beim Abendbrot im Bus plötzlich ein Knacken im Wald. Da kommt doch noch ein VW-Bus angerollt, nur viel neuer und seltsam lackiert, nämlich grün-weiß. Steigen zwei junge Herren mit beigen Hemden und grünen Hosen aus. Auf den Schulterwappen steht "Bundesgrenzschutz" . Nach der Begrüßung dann das Interview, das, leicht verkürzt, etwa so ablief: Beamter: " Na, campen Sie hier?" Blick ins Führerhaus, da liegt das letzte EK-Heft. "Ah, Eisenbahn-Fan. Gibt es etwas Besonderes?" Meine Antwort: "Nee, nur Planbetrieb beim Schieben." Beamter:" Aber immer schön vorsichtig sein!" Ich: "Keine Bange!" Er: "Habt Ihr den Heizung im Auto? Das wird nämlich kalt die Nacht! Schönen Abend noch!" Ich: "Danke, und ruhigen Dienst noch!" Oder die Nacht vorher. Alle Flüsse führen Niedrigwasser. Die Bahn dankt es mit verstärktem Zugaufkommen. Da wird jeder dritte Zug geschoben. Und dann plötzlich dieses komische Singen bei einer Schiebelok. Das ist doch keine 151! Nach ein paar Einsätzen muß die "musikalische" Lok dann auch noch in die Ausweiche. Das ist meine Chance. Ich richte mich auf und werfe einen Blick aus der Dachluke. Oh, vier Stromabnehmer! Eine 185 als Schiebe!


Die Ablösung ist da seit Februar 2003 sind 151 im Schubdienst im Spessart tätig. So auch die 151 126 die am 12. April 2003 auf dem Scheitelpunkt auf die Rückfahrt nach Lauffach warten (l.). Mit etwas Glück konnte man aber auch damals noch grüne Loks im Spessart erwischen - wie die 151 003 am selben Tag die den Trailerzug beförderte (m.). Doch nicht nur die 150 sind endgültig Geschichte - auch das Signal "Schieben einstellen" hat sich deutlich gewandelt (r. am 12.04.2003)

Am nächsten Morgen wird sie aber wieder zügig gegen eine 151 ausgetauscht, das war ein Versuch. Kommentar eines Lokführers, als er mich morgens da stehen sieht: "Hat sich das schon wieder rumgesprochen?" Tja, Glück muß man haben... Und eines ist und bleibt sicher: der Förster hat sein Revier im Spessart, zwischen Lauffach und Heigenbrücken! So ist das!


Am 19. September des gleichen Jahres entstand die stimmungsvolle Nachtaufnahme der 151 075 vor dem Schwarzkopftunnel (l.). Überraschung am nächsten Morgen: Außerplanmäßig kam am 20. September die 185 123 im Versuchsschubeinsatz auf die Spessartrampe (m.). Kurz darauf folgte der morgendliche Erzzug um halb sieben mit zwei 151er (r.) und der Nachschublok 151 075. Da jede 151 ca. 1000 Tonnen die Spessartrampe hochziehen darf und nur eine 151 nachschob, muß das Zugewicht also unter 3000 Tonnen gelegen haben. Zum Nachschieben haben die Erzzüge übrigens einen extra Zwischenwagen mit Puffern.


Zum Abschluß noch ein paar Winterimpressionen: Am 07. Februar war die 151 157 im Schubdienst (l.). Das Bild bestimmen heute vor allem die neue Traktion wie der ICE 3 (m. 07.02.2004) oder die 189er (r. 189 008 beim Schwarzkopftunnel am 07.02.2004).

Bilder und Text: Thomas Förster

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